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28.11.2015 · Neues Gera

„Vernetzte Stadt - Starke Mitte Gera” (Interview Teil 2)

Neues Gera sprach über das IBA-Projekt mit den Projektpartnern Claudia Baumgartner,
Dezernentin für Bau und Umwelt und Volker Tauchert, Vorsitzender des Vereins Ja für Gera

 

(Teil 1 veröffentlicht in Neues Gera vom 21. November, Seite 3)

 

Wie sehen die Ergebnisse des städtebaulichen Ideenwettbewerbes „Geras starke Mitte“, veranstaltet von Europan Deutschland, Deutsche Gesellschaft zur Förderung von Architektur, Wohnungsund Städtebau e.V., nun aus?

Claudia Baumgartner: Für die Aufgabe in Gera haben sich 24 junge Architekten aus Europa beteiligt. Das ist erst einmal ein großer Erfolg, da es die größte Teilnehmerzahl unter den acht deutschen Städten ist. Wir denken, dass die gute Atmosphäre zum Rückfragen-Kolloquium und dem zweiten Bürger-Workshop im April 2015, gekoppelt mit dem Jahrestreffen von Ja-für Gera, dazu beigetragen hat, dass viele auswärtige Architekten gesehen haben, wie ernst und gleichzeitig mit wie viel Freude wir am Projekt arbeiten. Die gleiche gute Stimmung gab es bei der Sitzung der lokalen Jury am 15. September 2015, in der fünf Arbeiten in die engere Wahl gezogen worden sind und die gute Lösungsansätze bieten. Allerdings braucht es noch etwas Geduld, zu den Inhalten etwas zu sagen, da erst am 4. Dezember die Preisvergabe erfolgt und damit die Anonymität aufgehoben wird. In Bratislava, beim „Forum der Europan-Städte und Jurys“ erlebte ich vor kurzem, wie anerkennend Andere unsere Bürgerarbeit werten. Die Wettbewerbsarbeiten werden aus meiner heutigen Sicht eine gute Grundlage für die weiteren Schritte bieten.

 

Wie können die Geraer die Ergebnisse des Wettbewerbs kennenlernen?

Volker Tauchert: Alle 24 Arbeiten werden vom 19. Januar bis 26. Februar 2016 im Kultur- und Kongresszentrum öffentlich gezeigt. Jedermann kann sich damit beschäftigen und mit uns ins Gespräch kommen. Direkter damit auseinandersetzen wird sich die Bürger-Projektgruppe, die nicht nur die Arbeiten anschauen wird, sondern auch in einem Workshop im Februar sich eine eigene Auffassung zu den Arbeiten erarbeiten und diese in einem „Entwicklungsrahmen Starke Mitte“ niederlegen wird. Claudia Baumgartner: Vorher gibt es aber noch weitere Aktivitäten. Vergangenes Wochenende hat der erste internationale Workshop stattgefunden. Bürger unserer Stadt haben sich über ähnliche Projekte informiert. Namhafte Referenten aus Leipzig, Madrid und Hamburg und Geraer Bürger sind der Frage nachgegangen, wie Zwischennutzungen auf Brachflächen entwickelt werden, wie Investorenkonstellationen funktionieren und neue Betreibermodelle aufgebaut werden. Am 8. Dezember diesen Jahres werden außerdem die Mitglieder des Stadtrates aus den Ausschüssen für Bau, Umwelt, Verkehr und Liegenschaften sowie Wirtschaft und Stadtentwicklung erstmals zum Projekt beraten.

 

Es sind also verschiedenste Arbeitsschritte geplant. Wann steht dann das Ergebnis fest?

Claudia Baumgartner: Dieser in mehreren Strängen verlaufende Prozess der Auseinandersetzung mit den Zielen für die Flächen an der Breitscheidstraße wird im Frühjahr kommenden Jahres mit dem bereits genannten Zwischenfazit abgeschlossen. In einem ausgearbeiteten „Entwicklungsrahmen“ wird die Auffassung der Bürger zur Entwicklung des Gebietes, basierend auf den Ergebnissen des Europanwettbewerbes, verfasst und öffentlich gemacht. Dieser Entwicklungsrahmen dient in der nächsten Etappe als Basis, in der der Stadtrat sich dann aus heutiger Sicht abschließend mit Zielen und Ablauf beschäftigen wird. Dieses ist wichtig, da eine Zusammenarbeit von Privaten, Bürgern und der Stadt aufeinander abgestimmt erfolgen soll. Immerhin ist zu beachten, dass die Stadt Gera finanziell nicht aus dem Vollen schöpfen kann, weshalb in kleinen Schritten, gleichsam wie ein Puzzle, das „Programm“ des Gebietes und eine neue Gestaltung mit allen Beteiligten geplant werden muss.

Volker Tauchert: Ich möchte ergänzen, dass nicht nur die Ergebnisse des Europanwettbewerbes einfließen, sondern auch die Studentenarbeiten und die Anregungen der Bürger, die die geplante Ausstellung besuchen. Diese werden sozusagen in einem großen Trichter eingegeben und mit dem Entwicklungsrahmen quasi gefiltert.

 

Was ist ein Entwicklungsrahmen?

Claudia Baumgartner: Entwicklungsrahmen nennen wir das Zwischenfazit, welches die Projektpartner als ausformulierte Zielstellung der Bürger für die Entwicklung des Gebietes festhalten werden. Nutzungsziele,

Umsetzungsschritte, die die Bürger zu diesem Zeitpunkt bereits konkret formulieren können, werden planerisch verfasst, um sie zu dokumentieren. Volker Tauchert: Diese Dokumentation ist nicht der Abschluss des Projektes, aber der konkrete Zwischenschritt der ersten Arbeitsetappe, mit dem sich danach der Stadtrat beschäftigen wird. Zu beachten ist, dass die Bürger danach aber weiterhin teilhaben werden. Wenn 2016 die konkreten Dinge nach den Diskussionen im Stadtrat in einer „Masterplanung“ niedergelegt werden, können die Bürger wiederum ihre Meinung dazu sagen und sich äußern. Andererseits wissen wir, dass Bürgermeinung nicht direkt Investoren beeinflussen kann. Daher lassen wir uns immer davon leiten, jeden Schritt sorgfältig abzustimmen und prüfen, ob er der Schaffung einer starken Mitte dient. Auf alle Fälle werden wir als Bürger-Verein aber auch weiter Beiträge leisten, dem Gebiet einen neuen Charakter zu geben, wie wir das bisher schon getan haben. Immerhin hat der Freistaat, aber auch der Verein Ja-für Gera finanziell dafür gesorgt, dass diese ersten Schritte zur Neugestaltung des Gebietes gegangen werden konnten. Mir ist daher wichtig, allen zu danken, die sich in der Sache einbringen. Ob durch inhaltliche Arbeit, finanzielle Mitwirkung und/ oder Manpower.

 

Konkreter nachgefragt: wie können sich die Bürger einbringen?

Volker Tauchert: Für die Ausstellung der Europan-Arbeiten werden wir ein Begleitprogramm veröffentlichen, welches Führungen, Fachgespräche und ständige Ansprechpartner anbietet. Bürger können ihre Meinung schriftlich einreichen. Wichtig ist uns auch, Hinweise zu erhalten, welche Mitwirkung an diesem Prozess der Umgestaltung durch Vereine, Bürger oder Investoren bereits jetzt gesehen wird. Ja-für Gera und Stadtverwaltung wollen gemeinsam mit der IBA Thüringen dafür sorgen, dass auch dann, wenn nicht sofort größere Investitionen möglich werden, in kleinen Zwischenschritten Verbesserungen umzusetzen.

 

Und der Masterplan, welche Bedeutung hat er?

Claudia Baumgartner: Im für 2016 vorgesehenen „Masterplan“ werden die im Stadtrat nochmals diskutierten Ziele planungsrechtlich konform festgehalten. Hierzu soll auch der Einsatz finanzieller Mittel abgeprüft und investorisches Agieren einbezogen werden. Auch dabei werden die Bürger wieder Gelegenheit haben sich einzubringen. Ja-für Gera und Bürger-Projektgruppe sollen weiter mitwirken. Ich erhoffe mir davon, dass die Ziele für die Breitscheidstraße fest in der Stadt verankert werden. Gleichzeitig wird der Masterplan Basis sein, für den Standort zu werben, verbindliches Planungsrecht herzustellen und die Maßnahmen der nächsten Jahre zu fixieren.

 

Welches Ziel in diesem Projekt haben sie ganz persönlich?

Claudia Baumgartner: Unsere Stadt entwickelt sich weiter: An der Breitscheidstraße haben wir die Chance, ein neues Stadtviertel gemeinsam zu entwickeln, mit schönen Plätzen, dem Bezug zur Altstadt, Cafés, Wohnungen und Anziehungspunkten für alle. Der Prozess dahin ist ein spannender Weg. Mir ist es dabei vor allem Freude, es mit engagierten Bürgern voranzubringen.

 

 

 

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