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30.06.2017 · OTZ online · Christine Schimmel

Blinder Fleck mit Riesenpotenzial in Gera

Wie geht es weiter in Geras Neuer Mitte? Stadt, Vereine und Planer schauen nach der Aktionswoche nach vorn.


Wann, wo und durch wen in Geras Neuer Mitte einmal die Lichter angehen, dafür wird der jetzt erstellte „Rahmenplan Plus“

Foto: Christine Schimmel

 

Gera. Knapp eine Woche steht sie nun wieder leer, die Fläche vor dem Kultur- und Kongresszentrum, die durch eine Aktion vom 19. bis 25. Juni Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte.

 

Das Areal, das „Geras Neue Mitte“ genannt wird, war auf Initiative der Stadtverwaltung, des Vereins „Ja - für Gera“ und der IBA Thüringen zum Spielplatz auf Zeit ausgerufen worden. Ein Kurator, Studenten aus Weimarund Geraer Akteure hatten mit einer Vielzahl an Aktionen die Geraer eingeladen, die lange ­ignorierte Brachfläche in ­Beschlag zu nehmen. 

 

Jetzt sind die Zelte, die nachgebaute „Zitronenpresse“ und die Aktionsflächen wieder abgebaut, Ruhe ist wieder auf dem Gelände eingezogen. Doch die Aktionswoche, die von vornherein nur als Zwischennutzung geplant war, sollte nicht allein aus Spaß an der Freude stattfinden. Die Organisatoren versprachen sich, mit den Geraern ins Gespräch über die Fläche zu kommen und sie hatten auf Erkenntnisse gehofft, die dem sogenannten „Rahmenplan Plus“, also der Festschreibung eines Entwicklungsausblicks, noch Impulse geben könnten. 

 

Regelmäßige Nutzung der Fläche ist ein Ziel

„Es war eine tolle Woche mit Leben auf der Fläche. Es ist gelungen, das Areal optisch zu beleben und die Geraer auf die ­Fläche zu locken und zum Gespräch über die zukünftige Nutzung und Gestaltung von Geras Neuer Mitte zu bringen“, sagt Matthias Röder, Sprecher der Arbeitsgruppe Zwischennutzung und Mitglied des Initiativkreises Geras Neue Mitte. Für ihn hat sich gezeigt, dass vor allem im südlichen Bereich des Platzes und an der Platane vor der Bibliothek Nutzungsmöglichkeiten erwünscht sind. „Nun sollten vor allem konkrete Aktivitäten auf der Fläche zu einer regelmäßigen Nutzung durch Vereine und Personengruppen führen“, sagt er und hofft, dass die Möglichkeit zur Mitarbeit in den Gremien des Neue Mitte-Projektes noch stärker publiziert werden. 

 

Auch Thomas Leidel, IBA-Beauftragter der Stadt Gera, wertet die erstmalige nicht-kommerzielle Nutzung der 2,5 Hektar großen Fläche als großen Erfolg. „Es war eine Woche voller Freude und Zuversicht, dass es in den nächsten Jahren gelingen kann, ausgehend von den Bürgern der Stadt sich eine dauerhafte Nutzung vorzustellen und anzustreben“, so sein Fazit. 

Bürgerbeteiligung in „KuK an 2!“-Ausstellung

Er weiß, die städtebauliche Planung der Fläche befindet sich gerade in der ersten Etappe. Ende Mai/Anfang Juni war den verantwortlichen Fachausschüssen des Stadtrates und den Mitstreitern des Neue Mitte-Projektes ein Vorentwurf des „Rahmenplan Plus“ zur Diskussion vorgelegt worden. Ab August soll dazu in den Ausschüssen konkret beraten werden. Ab September ist die Beteiligung der Bürger, ausgehend von einer dann eröffnenden Ausstellung „KuK an 2!“ geplant. „Das scheint vielen ein zu aufwendiger Prozess zu sein. Ich bin aber sicher, dass er sich lohnt, weil sich alle einbringen können und dadurch ein inhaltliches Städtebauziel für das Gebiet entsteht, das interessierten Investoren einen stabilen Rahmen für die Umsetzung bietet. Erste Anfragen gibt es bereits“, sagt Thomas Leidel. Die Etablierung des Lesegartens unter der Platane vor der Bibliothek, durch Bibliotheksförderverein und Energieversorgung Gera, wertet er als vielversprechende erste Freirauminvestition mit einfachsten Mitteln. Die während der Aktionswoche von den Bürgern formulierte „Zitronenpresse“-Sehnsucht nimmt er als Hinweis für den Bau eines neuen Cafés beziehungsweise allgemein für den Wunsch nach mehr Gastronomie genau auf diesem Platz.

 

Fragt man bei Volker Tauchert, dem Vorsitzenden des Vereins „Ja - für Gera“ nach einem O-Ton zur Aktionswoche an, zieht er den großen Bogen von der temporären Zwischennutzung zu einem in der Zukunft nach den Anforderungen der Stadt und ihrer Bürger gestalteten Platz. „Es besteht immer die gleiche Aufgabe: Wir, die Bürger selbst, müssen in unterschiedlichster Verantwortung dafür Sorge tragen, dass dieses große Loch auf den Weg in eine nachhaltige Zukunft gebracht wird. Entwicklungen vollziehen sich nicht mit dem Warten auf Veränderungen“, hebt er auf Erfahrungen des Vereins hinsichtlich der Belebung des Marktplatzes und des Steinwegs an. Den Einsatz des Kurators Marcus Max Schreiner und des Studenten-Kollektivs „Raumstation“ während der vergangenen Woche könne man gar nicht hoch genug schätzen. Tauchert wünscht sich, im Jahr 2018 das anknüpfen an ein solches Kommunikationskonzept. Toll wäre, wenn die ‚Raumstation‘ von vielen weiteren Konzepten umgeben wäre. „Hier gibt es ein erheb­liches Potenzial nach oben. Schließlich geht es um die Zukunft unserer Stadt“, ist er überzeugt, dass die Aktionswoche Impulsgeber für vieles weitere auf der Fläche gewesen ist.

Für eines war die Woche jedenfalls schon der Antrieb, nämlich für die Entstehung eines Zusammengehörigkeitsgefühls. Vom Verein Kunstschule Gera aufgefordert, hatten sich zahlreiche Geraer Vereine Motive zu ihrer Vereinsarbeit ausgedacht. Die kleben nun auf den großen Baumkübeln vor dem KuK und bilden eine Art Galerie des Bürgerengagement, findet Katharina Triebe von der Kunstschule. 

Investitionswillige warten auf den Rahmenplan

Auch wenn viele Geraer sich ungeduldig eine rasche Bebauung der Neuen Mitte wünschen und einigen von ihnen diese Art der Zwischennutzung nicht weit ­genug geht, die Entwicklung braucht Zeit. „Die Grundzüge von dem, was man sich auf dem Platz wünscht, werden seit rund drei Jahren diskutiert. Auch jetzt ist noch nichts fest. Die Kunst besteht darin, einen Rahmen festzulegen, der trotzdem offen bleibt“, erklärte Oliver Bormann, Chefplaner der von der Stadt bestellten Arbeitsgruppe. Die Aktionswoche habe zusätzlich inhaltlichen Input für die Planungen gegeben, denn die von den Bürgern beigebrachten Geschichten über ihre Erlebnisse auf dem Platz hätten einige Details konkretisiert. „Die Neue Mitte ist eine sehr spannende Aufgabe, da sie das Herz der Stadt ist. Sie ist momentan ein blinder Fleck, der jede Menge Potenzial hat, die Rahmenbedingungen aber speziell sind“, sagte Bormann zu der Herausforderung der Planung. Auch er berichtete von Investitionswilligen, die sich vorstellen könnten, sich hier einzubringen.

 

 

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